Bremen: Arbeitszeitverordnung soll reformiert werden (Beschluss des Senats)

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In der Senatssitzung am 12. Oktober 2021 beschlossene Fassung

Senator für Finanzen
11. Oktober 2021

Vorlage für die Sitzung des Senats am 12. Oktober 2021

Neufassung
„Entwurf einer Neufassung der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten (Bremische Arbeitszeitverordnung - BremAZV)“

A. Problem
Die Bremische Arbeitszeitverordnung bedarf einer vollständigen Überarbeitung, mit der neben einer verbesserten Struktur und Lesbarkeit eine geschlechterneutrale Fassung erzielt werden soll.
Die fortschreitende Digitalisierung und die damit einhergehende Veränderung der Arbeitsorganisation gehen einher mit dem Wunsch der Bediensteten und potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern nach flexiblen Arbeitsmöglichkeiten und den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger nach serviceorientierten Dienstleistungen der Verwaltung. Hierfür bedarf es einheitlicher Rahmenregelungen, die den Organisationseinheiten ausreichend Spielraum für die Umsetzung in der Praxis bieten. Für einzelne Beamtengruppen können dabei abweichende Arbeitszeitmodelle sinnvoll sein.
In Bereichen mit der Notwendigkeit der Kontinuität der Dienste (Feuerwehr und Justizvollzugsdienst), sind zudem Ausnahmeregelungen u.a. zur Abweichung von der unionsrechtlichen Höchstarbeitszeit und den Ruhezeiten aufzunehmen.
Die Corona-Pandemie hat in vielen Bereichen selbst zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand geführt und gleichzeitig die öffentlichen Haushalte nachhaltig belastet. Der Senat hat am 30. März 2021 in seiner Vorlage des Eckwertebeschlusses 2022 / 2023 zur Lösung der bei der Aufstellung der Haushalte 2022 und 2023 zu bewältigenden Folgen der Corona-Pandemie zur Haushaltsaufstellung im Bereich Personalsteuerung ausgeführt, er werde Lebensarbeitszeitkonten auf freiwilliger Basis einführen: „Die Beschäftigten erhalten damit die Möglichkeit, im Rahmen des individuell gewünschten sowie betrieblich sinnvollen Umfangs in den kommenden Jahren mehr zu arbeiten. Für die angesparten Stunden erfolgt dann später eine Freistellung vom Dienst unter Weitergewährung der Besoldung/Vergütung unmittelbar vor dem Ruhestand.“ Im Unterschied zum Tarifbereich sieht die Bremische Arbeitszeitverordnung bislang keine Regelung für Langzeitkonten vor.
Die Verweisungen in der Bremischen Laufbahnverordnung und der Bremischen Urlaubsverordnung auf die bisherige Regelung des § 2b der Bremischen Arbeitszeitverordnung sind entsprechend der Neufassung der Bremischen Arbeitszeitverordnung anzupassen.

B. Lösung

Die Neufassung der Bremischen Arbeitszeitverordnung (Artikel 1) orientiert sich an den Bedarfen eines zeitgemäßen Arbeitszeitrechts.

Für die bessere Lesbarkeit wird ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt, die Regelungen selbst erhalten Überschriften, die deren Inhalt benennen. Durch die neue Struktur wird die Verordnung in sich stimmiger. Die Neufassung ist zudem geschlechtsneutral formuliert. Zuständigkeiten der obersten Dienstbehörde werden zukünftig allgemein benannt und können für das Land und die Stadtgemeinde Bremen in der Übertragungsanordnung des Senats konkretisiert werden. Die bereits geregelte Zuständigkeit des Senators für Finanzen für die Erstellung von Grundsätzen für die gleitende Arbeitszeit sowie die Übertragung der bereits in der Praxis vollzogene Zuständigkeit des Senators für Finanzen zur Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen des ortsflexiblen Arbeitens, soll im Rahmen der zweiten Ressortabstimmung des vorliegenden Verordnungsentwurfs durch eine Änderung der Anordnung des Senats zur Übertragung von dienstrechtlichen Befugnissen ergänzt werden.

Die Systematik der Neufassung der Arbeitszeitverordnung signalisiert nun mit der Voranstellung der gleitenden Arbeitszeit vor dem in den Hintergrund tretenden Arbeitstag „from nine to five“ einen Paradigmenwechsel. Feste Arbeitszeiten soll es nur noch aufgrund dienstlicher Gründe geben.

Um neben den Grundsätzen für die gleitende Arbeitszeit für das Land und die Stadtgemeinde Bremen einheitliche Rahmenbedingungen für die das ortsflexible Arbeiten der Bediensteten zu schaffen, soll nun auch die Ermächtigung für die Schaffung von Grundsätzen für Modelle des ortsflexiblen Arbeitens auf den Senator für Finanzen übergehen.
Für die Beamtengruppe der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger wird die Senatorin für Justiz und Verfassung ermächtigt, neben der gleitenden Arbeitszeit weitere Modelle, wie z.B. Vertrauensarbeitszeit zuzulassen.

Besondere Regelungen für den feuerwehrtechnischen Dienst und den Katastrophenschutz und den Justizvollzugsdienst sind am Ende der Verordnung zusammengefasst. Darüber hinaus wurden die europarechtlichen Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299 vom 18.11.2003, S. 9-19) zur Höchstarbeitszeit und den Ruhezeiten unter Beachtung besonderer Anforderungen aufgrund der Notwendigkeit der Kontinuität des Dienstes in bestimmten Bereichen (z.B. Feuerwehr, Gesundheitsdienst) in die Arbeitszeitverordnung aufgenommen.

Die Neuregelung über Lebensarbeitszeitkonten ermöglicht befristet über einen Zeitraum von fünf Jahren die Vereinbarung von Lebensarbeitszeitkonten als personenbezogene Arbeitszeitkonten, auf denen Zeitguthaben für Freistellungszeiten angespart werden können. Die Vereinbarung erfolgt auf freiwilliger Basis und dient ausschließlich dem Zweck, personelle Mehrbedarfe, die auf Grund der Corona-Pandemie nicht durch personellen Zuwachs in dem betroffenen Bereich ausgeglichen werden kann, aufzufangen und darüber hinaus die durch die Corona-Pandemie bedingte Belastung der Haushalte abzumildern.
Die Verweisungen in der Bremischen Laufbahnverordnung und der Bremischen

Urlaubsverordnung auf die Regelungen zum Sabbatical in der Bremischen Arbeitszeitverordnung werden gem. anliegendem Verordnungsentwurf (Artikel 2 und 3) redaktionell angepasst.

C. Alternativen

Es werden keine Alternativen empfohlen.

D. Finanzielle und Personalwirtschaftliche Auswirkungen, Gender-Prüfung

Die Neufassung der Verordnung generiert keine finanziellen Mehrkosten.
Die in § 13 Absatz 5 neu aufgenommen Fiktion der Anordnung von Mehrarbeit für den Ausgleich der über die regelmäßige Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten, mit denen eine Individualvereinbarung zur Abweichung von der unionsrechtlichen Höchstarbeitszeitgrenze getroffen wurde, schafft lediglich Klarheit zum rechtlichen Rahmen für die bereits gelebte Praxis in Bremen.

Die Einspareffekte, durch das temporäre Ansparen von Mehrarbeit auf Lebensarbeitszeitkonten mit dem Ziel des späteren Ausgleichs durch Freizeit kann derzeit nicht eingeschätzt werden.
Die Stärkung der flexiblen Arbeitsgestaltung ist für die Unterstützung von Menschen mit Familienaufgaben (u.a. Betreuung und Pflege von Kindern und anderen Angehörigen) förderlich, die immer noch überwiegend weiblichen Geschlechts sind.

E. Beteiligung und Abstimmung

Der Verordnungsentwurf wurde mit den Ressorts und dem Magistrat der Stadt Bremerhaven abgestimmt.
Die Senatorin für Wissenschaft und Häfen hat darum gebeten, die Neuregelung von Lebensarbeitszeitkonten (§ 12 des Entwurfs) generell zu überdenken. Sie macht geltend, dass die im Entwurf enthaltene Regelung zu komplex und nur mit hohem administrativen Aufwand umgesetzt werden könne. An der Regelung soll dennoch festgehalten werden, da die Auffassung besteht, dass es sich bei Lebensarbeitszeitkonten um ein geeignetes Instrument zur Unterstützung der kurzfristigen Kompensation der Auswirkungen der Corona-Pandemie handelt. Die Diskussion über die Vor- und Nachteile des Vorhabens wird auch im Rahmen des förmlichen Beteiligungsverfahren mit den Spitzenverbänden der Gewerkschaften weitergeführt werden. Die sonstigen Änderungsvorschläge der Senatorin für Wissenschaft und Häfen zu den §§ 1 und 6 Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs wurden umgesetzt.

Die Nachfrage der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau zum Anwendungsbereich der Lebensarbeitszeitkonten (§ 12 des Entwurfs) wurde beantwortet.

F. Öffentlichkeitsarbeit und Veröffentlichung nach dem Informationsfreiheitsgesetz

Für die Veröffentlichung nach dem Informationsfreiheitsgesetz geeignet.

G. Beschluss

1. Der Senat beschließt den anliegenden Entwurf einer Verordnung zur Neufassung der Bremischen Arbeitszeitverordnung gemäß der Vorlage des Senators für Finanzen vom 11. Oktober 2021 und bittet diesen, den Entwurf
a) gemäß § 93 Bremisches Beamtengesetz den Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände im Lande Bremen sowie den Spitzenorganisationen der zuständigen Vereinigungen der Richterinnen und Richter im Land Bremen
b) sowie gemäß Beschluss Nr. 3 zu TOP 3 der Konferenz Norddeutschland vom 11. April 2007 den anderen norddeutschen Ländern zuzuleiten.

2. Der Senat bittet den Senator für Finanzen, ihm im Rahmen der zweiten Senatsbefassung die Änderung der Anordnung des Senats zur Übertragung von dienstrechtlichen Befugnissen zur Entscheidung vorzulegen, in der die Übertragung der im anliegenden Verordnungsentwurf geregelten Zuständigkeit als oberste Dienstbehörde nach § 4 Satz 3 und § 6 Absatz 1 Satz 3 auf die in Art. 1 Abs. 2 der Übertragungsanordnung genannte Senatorin für Finanzen oder den Senator für Finanzen erfolgt.


 

 

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